Weihnachten auf koptisch

Samstag, 9. Januar 2016

Liebe Freunde,

obwohl es hier seit einem Monat mit etwa zwanzig Grad eher frühlingshaft ist und ich in ganz Kairo weder Plätzchen noch Glühwein gesehen habe, war in diesem zu etwa neunzig Prozent muslimischen Land ab Mitte Dezember zu spüren, dass Weihnachten naht. Neben Santa-Claus-Accessoires und Plastikweihnachtsbäumen waren Weihnachtslieder-Events Boten des Fests.







Auch in Matarya weihnachtete es optisch sehr. Akustisch nicht, denn die in dem Viertel teilweise extremen Muslime hätten Weihnachtslieder als Missionierungsversuch missverstehen können.




Weihnachten an sich war sehr besonders, weil ich diese Tage zum ersten Mal nicht zu Hause mit meiner Familie verbracht habe.
 Auch die Bescherung lief dieses Jahr anders ab. Während ich sonst immer die Geschenke einfach unterm Weihnachtsbaum hervorgeholt habe, brauchte ich dieses Jahr einen Abholschein für das Paket meiner Familie. Nach einmonatiger Wartezeit freute ich mich wie ein Schneekönig, als der Schein genau am 24. Dezember vor meinem Zimmer lag. Eine mehrstündige Odyssee zur Postzentralstelle musste ich am Heiligabend bisher auch nicht auf mich nehmen, es waren immer nur ein paar Schritte bis zum Christbaum. Ebenso war die Zahlung von fragwürdigem Bearbeitungsgeld für die Herausgabe des Geschenkes neu für mich (das Paket war schon bezahlt!). Als ich es aber letztendlich in den Händen hielt und alles, trotz mitgenommenem Äußeren, unberührt war, habe ich mich über das Geschenk sehr gefreut, vielleicht mehr als in anderen Jahren über viel mehr.



Für die Weihnachtsmesse in der Jesuitenkirche wurden die Sicherheitsmaßnahmen mit einer Straßensperre und stärkerer Bewaffnung der Wachmänner verschärft. Das etwas mulmige Gefühl legte sich in der Kirche wieder:



Weihnachten ist wohl das Fest, das am meisten mit Familie und Gemeinschaft verknüpft ist. Deshalb war ich sehr dankbar, dass mich eine befreundete Familie eingeladen hatte, mit ihnen zu feiern. Den Geist von Weihnachten konnte ich so dieses Jahr auf besondere Weise erleben.



Bei den Jesuiten wurde Weihnachten am 25. Dezember mit einem großen Festessen gefeiert. Zufälligerweise fiel dieser Tag auf einen Freitag, sodass es in Kairo ein wenig festtäglich ruhig war. Nur der koptisch orthodoxe Weihnachtsfeiertag am 7. Januar ist hier ein staatlicher Feiertag, sodass sich manche Katholiken an Weihnachten zum Beispiel auf eine Prüfung am 26. Dezember vorbereiten müssen.



Statt Plätzchen gab es orientalische Süßigkeiten:



An Silvester hatte ich ein großes Feuerwerk erwartet, nachdem hier auf jeder Hochzeit fleißig Böller gezündet werden. Doch um Punkt zwölf war nichts davon zu hören, stattdessen sprach der Vater der Familie, mit der ich schon Weihnachten gefeiert hatte, ein Gebet, worauf wir uns gegenseitig ein frohes neues Jahr wünschten.

Ein frohes neues Jahr Euch allen!


Euer Flo



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